Komitee für Igelschutz e4.V. Hamburg

Gemeinnütziger Verein
für Tier- Arten und Umweltschutz

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Forschungsprojekt an der Universität Karlsruhe
Von Diplom-Biologin Jasmin Skuballa, Universität Karlsruhe
Nach meinem erfolgreichen Pilotprojekt über Igelparasiten 2003 (siehe Igel-Journal Nr. 18) wurde im Jahr 2005 ein umfangreiches Igelprojekt (Leitung : Prof. Dr. H. Taraschewski und Dr. T. Petney) an der Universität Karlsruhe (Zoologie I, Abteilung Ökologie, Parasitologie) ins Leben gerufen. Dieses Projekt befasst sich schwerpunktmäßig mit dem Einfluss von Parasiten auf Igel.

Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass die Populationen vieler Wildtiere in starkem Maße durch das Räuber-Beute-Verhältnis reguliert werden (Beispiel: Feldmaus - Mäusebussard).

Inzwischen liegen aber einige neue Befunde darüber vor, dass Parasiten die Populationsdynamik ihrer Wirte und die Struktur ganzer Ökosysteme entscheidend beeinflussen können.

Igel sind ein allseits bekannter Bestandteil ländlicher und städtischer Ökosysteme und es scheint, dass sie in zunehmendem Maße von Parasiten befallen werden.
Eine erhöhte Sterblichkeit von Igeln ist während des Winters zu beobachten, was wahrscheinlich im Zusammenhang mit dem Herbstgewicht eines Igels und möglicherweise in Verbindung mit parasitären Erkrankungen steht.

Ein interessantes Projekt, auch im Hinblick auf den Naturschutz, stellt somit die Untersuchung des folgendes Wirt- Parasit-Systems dar: Der Igel, seine Zecken und die von Zecken übertragenen Krankheitserreger.

Sowohl die Zecken selbst, als auch die Krankheitserreger, die sie übertragen, haben einen direkten Einfluss auf die Gewichtsentwicklung und Fitness ihres Wirtes. Ein hochgradiger Zeckenbefall kann selbst bei großen Tieren bedeutende Blutverluste (Anämie) bewirken und die Stichstelle erleichtert den Eintritt von bakteriellen Sekundärinfektionen. Zecken können beim Igel aber auch als Überträger für Borrelien und andere Erreger dienen.

Während des seit 2005 laufenden Projektes wurden im Rahmen von 3 Diplomarbeiten, 2 Staatsexamensarbeiten und 2 Doktorarbeiten bereits zahlreiche verkehrstote und in Igelstationen verstorbene Europäische Igel vorwiegend aus Deutschland, aber auch aus weiteren Teilen Europas auf Parasiten untersucht und Gewebeproben entnommen. Diese Gewebeproben und die Zecken von Igeln werden mittels diagnostischer Methoden auf das Vorhandensein von Borrelien und anderen zeckenübertragenen Erregern überprüft (z.B. FSME, Rickettsien). Besonderes Interesse liegt dabei auf der Ermittlung der jeweiligen Borrelienart. Seit Beginn meiner Doktorarbeit konnte ich schon mehrere hundert Organproben, Blutproben und Zecken untersuchen. Bisher konnten wir 3 Borrelia-Arten (Borrelia afzelii, Borrelia garinii und Borrelia spielmanii) als auch FSME-Viren in Igeln nachweisen. Für Borrelia spielmanii gelang der Erstnachweis im Igel (Skuballa et al. 2007*). Alle 3 Borrelia-Arten verursachen Borreliose beim Menschen.

Anfang 2006 wurde in unserer Arbeitsgruppe von Dr. med.vet. Thomas Bücher, Heiko Fischer und mir, eine schonende, ohne Narkose funktionierende, Blutabnahme-Methode entwickelt. Dadurch können wir zusammen mit kooperierenden Igelstationen aus ganz Deutschland, Igeln eine kleine Menge Blut abnehmen, und dieses auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen verschiedene Krankheitserreger, hauptsächlich Borrelien, serologisch testen.

In einer parrallel laufenden Doktorarbeit (Miriam Pfäffle) wird seit 2006 der Einfluss von Zecken und anderen Parasiten auf verschiedene Fitnessparameter, Mortalität (Sterblichkeit) und Fertilität (Fruchtbarkeit) einer in einem naturnahen, 1000m2 großen Garten schon länger etablierten Igelpolupation, festgestellt. In diesem Garten wurden gleich zu Beginn Igelhäuschen aufgestellt und dann später die Nester in regelmäßigen Abständen auf verschiedene Außenparasiten, wie Milben, Flöhe und Zecken untersucht. Die aus den Untersuchungen resultierenden Daten sollen Aufschluss darüber geben, inwiefern Parasiten und Pathogene die einheimischen Igelpolulationen regulieren.

Eine enge Verzahnung der ökologischen mit der medizinischen Fragestellung soll sowohl Erkenntnisse für den Artenschutz des Igels liefern, aber auch auf eine zoonotische Bedeutung (Zoonosen = Infektionen, die von Wirbeltieren auf den Menschen übertragen werden können) aufmerksam machen.

Abschließend möchte ich mich bei allen kooperierenden Igelstationen und Igelfreunden für die langjährige Unterstützung, u.a. durch Einsenden von verstorbenen Igeln und von Igeln abgesammelten Zecken und Flöhen, bedanken.

*) Skuballa, J.,Öhme, R.,Hartelt, K.,Petney, T.N., Bücher, T.,Kimmig, P.,Taraschewski, H. (2007) European hedgehogs as hosts for Borrelia spp., Germany. Emerging Infectious Diseases 13, 952-953.